Gegrillte Föten

Noch ein Debattenbeitrag zum NATO-Krieg

Es ist erschreckend, wie versucht wird, die öffentliche Meinung gleichzuschalten und Kriegsgegner als Völkermordfans hinzustellen. Wenn Gregor Gysi nach Belgrad reist, dann sollte die Bundesregierung das nutzen, um diplomatische Fühler auszustrecken und nicht um ihr innenpolitisches Feindbild zu pflegen. Die Bundestagsdebatte zur Gysi-Reise war das Widerlichste, was man von dem Schröder-Regime bisher zu hören bekam. Dass diese Leute zur Rechtfertigung ihrer Bombardements die deutsche Vergangenheit relativieren, darf ihnen nicht verziehen werden. Joschka Fischer, der strategische Kopf dieser Regierung, weiß genau was er macht, wenn er mit Begriffen wie Deportation und Völkermord um sich wirft.

Unklar ist noch, ob es ein Nebeneffekt der deutschen Kriegsbeteiligung ist, dass über das komplette Scheitern der rot-grünen Reformvorhaben schon nach kurzer Zeit Gras gewachsen ist, oder ob das der Hauptzweck dieser Kriegspolitik ist. Dass es im Balkankrieg um Menschenrechte gehe, erweist sich jedenfalls als eine billige Propagandalüge, angesichts der Tatsache, dass es Rot-Grün noch nicht mal schafft, deutsche Waffenexporte in die Türkei zu stoppen.

Bis zu Kriegsbeginn hatte Jugoslawien ein autoritäres Präsidialregime (ähnlich wie in Kroatien, Rumänien, Russland und Weißrussland); Opposition wurde schikaniert und behindert, aber es gab sie: z.B. die Zeitung Vreme oder den regierungskritischen Radiosender B92 (by the way: Wo gibt es eigentlich in Deutschland einen regierungskritischen Radiosender?) Im Kosovo fand eine Unterdrückung der albanischen Unabhängigkeitsbestrebungen statt, die allerdings durch die Anwesenheit der OSZE-Beobachter ihre Schranken hatte. Mit dem Beginn der NATO-Bombardements hat Milosevic den Kriegszustand ausgerufen und sich damit freie Hand gegen die Opposition und die Albaner verschafft. Die Vertreibung der Albaner ist ein Ergebnis des NATO-Angriffs.

Wohlgemerkt: es findet eine Vertreibung statt – das ist schlimm genug! (Aber leider nicht die einzige ethnische Vertreibung in dieser Region, erinnert sei nur an die Vertreibung von 500.000 Krajina-Serben durch Tudjman, zu der die NATO geschwiegen hat.) Dass es im Kosovo Deportationen, KZs und Völkermord gibt, dafür ist Luftschlagsminister Scharping, der sich in seinen zahlreichen Pressekonferenzen gerne darüber in seiner ihm eigenen Art ereifert, bisher jeden Beweis schuldig geblieben. Er verweist immer auf NATO-Aufnahmen, die das angeblich bewiesen aber leider, leider noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben seien. Das glaubt wohl nur der Simpel Scharping, dass die NATO Material, was sie gut zur Propaganda gegen die Serben gebrauchen könnte, nicht freigibt. Gäbe es irgendeine Aufnahme eines KZ im Kosovo, sie wäre schon längst in allen Bild-Zeitungen der westlichen Welt erschienen.

Neulich im Fernsehen erzählte Scharping, serbische Soldaten hätten einer Schwangeren bei lebendigem Leibe den Fötus herausgerissen, diesen dann gegrillt und anschließend der Schwangeren wieder in den Bauch eingesetzt. […]


Kommentare

Gegrillte Föten — Ein Kommentar

  1. Der Text „Gegrillte Föten“ hat im persönlichen Umfeld des Autors dieser Seiten für heftige Irritationen gesorgt. Es wurde dem Autor vorgeworfen, er vertrete mit diesem Text „widerwärtige“ Inhalte. Dieser Vorwurf hatte auch entsprechende Distanzierungen zur Folge, die für beide Seiten schmerzhaft waren. Deshalb ist dieser Text mit einem begleitenden einordnenden Kommentar versehen worden. Gerade auch, weil der Autor nicht durch eine verkürzte Rezeption seiner Texte in eine Schmuddelkiste abgelegt werden möchte.
    „Gegrillte Föten“ ist ein Politikkommentar aus dem Frühjahr 1999. Die NATO einschließlich Deutschland führte gerade einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen das damalige Jugoslawien und die deutsche Bevölkerung war zunächst nicht begeistert darüber. Verteidigungsminister Scharping versuchte in täglichen (zumeist im Fernsehen live übertragenen) Pressekonferenzen um Zustimmung für die deutsche Kriegsbeteiligung zu werben. Hierbei erzählte er mit empörter Stimme und glasigem Blick Gräuelgeschichten aus dem Kosovo – darunter auch in einer gewissen epischen Breite die mit den gegrillten Föten. (Auch die Geschichte vom „Hufeisenplan“ der Serben, mit dem sie die Albaner aus dem Kosovo vertreiben wollten, wurde der Öffentlichkeit kund getan. Dass der [lächerlicherweise in kroatischer Sprache verfasste] „Hufeisenplan“ eine hundertprozentige Fälschung war, weiß man inzwischen.)
    Sehr böse im Kommentar erscheint rückblickend betrachtet die Bezeichnung „Schröder-Regime“, werden doch in der journalistischen Publizistik eher undemokratische Regierungen mit dem Begriff „Regime“ gekennzeichnet. Im vorliegenden Text ging es dem Autor jedoch mitnichten darum, die demokratische Legitimation der damaligen Bundesregierung in Frage zu stellen, sondern er trachtete lediglich danach, die damals vorherrschende Benennung der ebenfalls demokratisch gewählten jugoslawischen Regierung als „Milosevic-Regime“ zu karikieren.
    Doch nun zum „Widerwärtigen“. Äußerst widerwärtig wäre das Grillen von Föten. Widerwärtig wäre aber auch das propagandistische Herbeiphantasieren von gegrillten Föten. Welche dieser Widerwärtigkeiten im Frühjahr 1999 stattfand, bleibt bis heute unklar.
    Der Autor des Textes gewann allerdings beim Anschauen der Scharping-Rede im Fernsehen den Eindruck, dass die Föten-Geschichte den Verteidigungsminister erregte, und das ließ ihn aufschreiben „Das geilt ihn auf − den Scharping.“ Sicherlich ist das keine feine Bemerkung über den damaligen Bundesminister und Beweise für die Behauptung einer sexuellen Stimulanz des Rudolf Scharping durch Metzelgeschichten gibt es schon gar nicht. Aber als Wiedergabe der subjektiven Wahrnehmung eines Fernsehzuschauers im Jahre 1999 muss die Veröffentlichung dieses Satzes zulässig sein. Scharping wird es verschmerzt haben.

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