Moment mal, Lance Armstrong

Moment mal, Lance Armstrong, jetzt haben Sie tatsächlich zum sechsten Mal das große Fahrradrennen in Frankreich gewonnen. Sie haben das wieder in Ihrer bewährten Manier getan. Von Ihren zusammengekauften Speichen-Domestiken haben Sie sich mächtig Wind machen lassen, um in dessen Schatten Kraft sparend die Berge hochzukommen. Die letzten paar Kilometer haben Sie dann selbst etwas kräftiger in die Pedalen getreten und sind dann meistens als erster oben angekommen.

Wir wollen Ihre ökonomisch-rationelle Art des Fahrradfahrens, für die Sie von den Radsportfans der ganzen Welt alles andere als geliebt werden, aber hier überhaupt nicht kritisieren. Wenn man sechsmal die Tour de France gewinnen will, darf man nicht so fahren wie Jens Voigt. Genauso wenig wollen wir Ihren asketischen Lebensstil anprangern. (Auch wenn wir die regelmäßigen winterlichen Sauerbraten- und Schwarzwälder Kirchtortengelage von Jan „Ulle“ Ulrich doch weitaus menschlicher finden als Ihre „Die Tour wird im Winter gewonnen“-Haltung.)

Aber, Lance, eine Lanze für Sie brechen, das wollen wir auch nicht. Denn dafür war Ihre Attacke auf der 18. Etappe doch zu arnoldschwarzeneggerhaft. Auf dieser Etappe haben Sie nämlich auf einmal gar nicht mehr Ihre Kräfte geschont, sondern sind dem ausreißenden italienischen Sportsmann Filippo Simeoni hinterhergejagt und haben sehr eindringlich zunächst auf ihn und dann auf die anderen Fahrer der Ausreißergruppe eingeredet. Ihr Reden sollte bewirken, dass Simeoni die Etappe nicht gewinnen darf.

Sie mögen den ehrlichen Italiener Simeoni nicht, weil der vor Gericht zugegeben hat, auf Veranlassung vom Sportarzt Michele Ferrari Dopingmittel genommen zu haben. Dieser ominöse Arzt mit dem Autonamen ist ein Freund von Ihnen, Lance, und betreut auch Sie medizinisch. Simeoni hat mit seinen Aussagen gegen den Dopingarzt das Gesetz des Schweigens gebrochen. Da ist es klar, dass Sie sich um Herrn Simeoni kümmern müssen.

Filippo Simeoni gewann die 18. Etappe natürlich nicht. Die anderen Fahrer der Ausreißergruppe ließen ihn fallen. Sie selbst bewachten den sich zurückfallen lassenden Simeoni, bis er vom Hauptfeld wieder geschluckt wurde, und erhielten dafür von vielen anderen Fahrern anerkennende Schulterklopfer. Die Ordnung war wieder hergestellt.

Wir hoffen, Lance Armstrong, dass Sie in der nächsten Tour de France viele platte Hinterreifen bekommen.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert