Stinkender Keese

Einer, der jeden Monat richtig viel Kohle kassiert, der Chefredakteur der Financial Times Deutschland Christoph Keese, beklagt sich, dass es hierzulande den arbeitslosen Menschen zu gut geht. In seinem Kampfblatt der Besserverdienenden kolumniert der Chefredakteur unter dem Titel „Die Absurditäten des Sozialstaates“ über die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit:

„Sie zahlt auch bei Vorsatz, also im Falle der Kündigung des Vertrags durch den Arbeitnehmer, und selbst dann, wenn der Versicherte ins Blaue hinein aufhört und keine neue Stelle in Aussicht hat. Wer also die Nase voll hat von Arbeit, sich bisher nicht richtig verwirklichen konnte, lieber durchatmen und ausschlafen möchte und gerne mal ein halbes Jahr Pause einlegt, der kann das im deutschen Sozialsystem tun – auf Kosten der Allgemeinheit. Die Versicherung zahlt ihm steuerfrei 60 oder 67 Prozent seines letzten Bruttogehalts.

Meistens kommt dabei netto nicht viel weniger heraus, als wenn man arbeitet. Ein Rechenbeispiel: Ein lediger Angestellten mit einem Kind verdient 36 000 Euro im Jahr. Er zahlt 8598 Euro Einkommensteuer und behält danach 27 402 Euro übrig. Wenn er von sich aus kündigt, überweist ihm die Bundesanstalt 24 120 Euro im Jahr. Nicht mehr zu arbeiten, kostet ihn also nur rund 3200 Euro. Selbst in der Rezession nutzen erstaunlich viele Menschen diese Möglichkeit aus, auch wenn sie keinen Anschlussjob haben. Zu verlockend ist die Aussicht, eine subventionierte Pause einzulegen.

Die Sache hat nur einen Haken.“

Dieser Haken ist, dass Herr Keese Brutto und Netto nicht auseinander halten kann. Ein Mensch, der seine Arbeitsstelle verloren hat, erhält mitnichten 67 Prozent seines letzten Bruttogehaltes aus der Arbeitslosenversicherung, sondern, falls er Kinder hat, lediglich 67 Prozent seines letzten Nettogehaltes und ansonsten sogar nur 60 Prozent seines letzten Nettoeinkommens.

Rechnet man obigen Fall nach den Grundrechenarten richtig aus, dann bekommt der Arbeitslose ohne Kinder bei vorherigen 27.402 € Nettogehalt auf 16.441 € Arbeitslosengeld. Seine Arbeitslosigkeit kostet ihn also monatlich 913 €. Dieser Einkommensverlust mag zwar bei einem vermögendem Mann wie Herrn Keese keine Rolle spielen, für einen Normalverdiener sind die jeden Monat in der Haushaltskasse fehlenden 913 € aber alles andere als eine verlockende Aussicht.

Aber was soll’s. Brutto und Netto verwechselt ein Chefredakteur einer Wirtschaftszeitung doch gerne – wenn es einer dummdreisten kurzbeinigen Propaganda gegen den Sozialstaat dienlich ist.


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