Magic in Here

Robert Forster und Karin Bäumler bezaubern das winterliche Regensburg

Es ist klirrend kalt an diesem Samstagabend in Regensburg. Nicht so in der kleinen Buchhandlung am St.-Kassians-Platz mitten in der Altstadt. Der Buchhändler Ulrich Dombrowsky hat seine Büchertische beiseite geräumt und circa hundert Stühle in seinem Geschäft aufgestellt. Sein australischer Freund Robert Forster ist mal wieder in der Stadt und gibt zwei Konzerte in der Buchhandlung Dombrowsky – eines an diesem Samstag, das andere am nächsten Tag. Beide Konzerte sind seit langem ausverkauft.

Karin Bäumler und Robert Forster auf der Bühne der Buchhandlung Dombrowsky am 08. Dezember 2012

Karin Bäumler und Robert Forster auf der Bühne der Buchhandlung Dombrowsky am 08. Dezember 2012 (Photo: Roger Weil – Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Eine familiäre Stimmung breitet sich in der umgeräumten Buchhandlung aus. Ulrich Dombrowsky begrüßt alte Bekannte, die er schon länger nicht mehr gesehen hat, Weggefährten von Robert Forster aus seiner Zeit in Deutschland sind gekommen, seine Frau Karin Bäumler ist natürlich auch da, die beiden gemeinsamen Kinder und auch noch andere Kinder schwirren umher. Pünktlich um halb neun erklimmt Robert Forster mit seiner akustischen Gitarre die kleine Bühne, nimmt auf einem der beiden Bühnenstühle Platz und begrüßt frohgemut die Anwesenden zu seiner „Europa-Tour 2012“, die ausschließlich die beiden Auftritte in der Buchhandlung Dombrowsky beinhaltet.

Robert Forster legt los mit dem Song „Baby Stones“, mit dem ersten Stück von seinem ersten 1990er Solo-Album also, und damit gibt er einen Schwerpunkt des Abends vor: es sind die Lieder aus seinen Solo-Alben der 1990er Jahre, dem Jahrzehnt in dem Robert Forster die meiste Zeit in Regensburg und Umland (Alteglofsheim) gelebt hat. „The River People“, „The Circle“, „I Can Do“, „Falling Star“ und „121“ spielt er noch aus dieser Zeit. Auch das 2000er Comeback-Album der Go-Betweens „The Friends of Rachel Worth“, dessen Robert-Forster-Songs auch noch in Alteglofsheim entstanden sind, auch dieses Album ist mit dem bewegenden „He Lives My Life“ und dem fröhlichen „Surfing Magazines“ („Dada dada dada“) gut vertreten. So dass man durchaus von einem oberpfälzischen Abend des Robert Forster sprechen kann.

Wunderbar ist es, wie Robert Forster in seinem nach eigenen Angaben „gebrochenem Deutsch“ durch den Abend führt, dabei auch kleine Geschichten, wie die vom Schweineinfangen in Alteglofsheim oder die vom rasenmähenden Nachbarn Mr. Smith in Brisbane, einfließen lässt. Grant McLennan wird an diesem Abend nicht explizit erwähnt, es scheint so, als habe Robert Forster die Phase der Trauer über dessen Tod beendet – vom Traueralbum “The Evangelist” spielt er mit “Pandanus” nur ein Lied. Aber Grant McLennan muss auch nicht explizit erwähnt werden, er schwingt in allen vorgetragenen Go-Betweens-Songs sowieso mit.

Unterstützt wird Robert Forster in der zweiten Hälfte des Konzertes von seiner Frau Karin Bäumler an der Geige. Karin Bäumlers Geigenspiel beeindruckt, schafft jene magischen Momente, die den Abend nicht zu einem normalen Robert-Forster-Abend, sondern zu einem herausragenden Robert-Forster-Abend werden lassen. Das Go-Betweens-Lied „The House That Jack Kerouac Built“ ist der virtuose Höhepunkt des Zusammenspiels des Ehepaars Forster-Bäumler. So wie an diesem Abend hat man den Song noch nie gehört und wird ihn wahrscheinlich nie wieder hören.

Weitere Go-Betweens-Songs an dem Abend sind noch „Spring Rain“, „Part Company“ aus der ersten Phase der Band sowie „Darlinghurst Nights“, „Born to a Family“ und natürlich (wegen des Regensburg-Bezugs) „Here Comes a City“ vom letzten Go-Betweens-Album „Oceans Apart“. Zwischendurch schiebt Robert Forster drei Songs seines künftigen Albums ein, und wenn er dabei enthusiastisch ausruft, dieses Album werde das Album des Jahres 2014, dann glaubt man ihm das sofort, so gut sind diese stark pop-orientierten, neuen Songs.

Direkt nach dem Set – so gegen halb elf – findet man Robert Forster plötzlich hinter der Ladentheke der Buchhandlung. Tickets, CDs und Bücher signierend spricht er mit den Leuten über frühere Auftritte in Deutschland, über gemeinsame Bekannte oder einfach über bestimmte Songs, und man spürt, dass Robert Forster nicht nur ein exzellenter Songwriter und Musiker ist, sondern auch ein sehr offener und äußerst sympathischer Mensch. Zum Abschied bedankt er sich bei jedem einzelnen seiner Gesprächspartner per Handschlag für sein Kommen. Man will diesen Dank zurückweisen, denn wir an diesem Abend in dieser Buchhandlung, wir haben nicht gegeben, wir haben empfangen.

2014 will Robert Forster wiederkommen, dann zu einer größeren Europa-Tournee mit mehr Konzerten und wieder elektrisch mit Band und so. Bis dahin müssen wir zehren – von diesem bezaubernden Dezemberabend in Regensburg. So gut die nächste Tour werden wird, die Magie dieses Abends in der Buchhandlung Dombrowsky wird nicht erreicht werden.

Die Buchhandlung Dombrowsky am St.-Kassians-Platz in Regensburg

Die Buchhandlung Dombrowsky am St.-Kassians-Platz in Regensburg
(Photo: Roger Weil – Lizenz: CC BY-SA 3.0)


Kommentare

Magic in Here — 4 Kommentare

  1. Offenkundig eine Rezension eines Fans für Fans.

    Als Liebhaber des britischen Folkrock (z.B. The Pentangle, CD „One more Road“ von 1993, mehrere Songs davon auf YouTube) kann ich diesen Enthusiasmus für solch rhyth-
    misch doch ein wenig deutschtümelnde Musik nicht ganz nachvollziehen.

    Hauptsache ist jedoch, daß es das literarische Wir und seine Begleitung erfreut und begeistert hat. Mögen sich die magischen Momente in der Buchhandlung Dombrowsky in Regensburg zwischen Bühne und Registrierkasse ein immer wiederkehrendes Stelldichein geben!

  2. Lieber Casper Diederich Wälzholz jun., die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, aber die Darbietungen von Robert Forster als „rhythmisch doch ein wenig deutsch-tümelnde Musik“ zu beschreiben, das ist in meinen Augen eine unzulässige Beleidigung des sympathischen Künstlers. Offenbar warst du an dem magischen Abend in der Buchhandlung Dombrowsky nicht dabei, denn dann wärst du zu einem anderen Urteil gekommen.

  3. @Casper Diederich Wälzholz jun.:

    Meine musikalischen Recherchen haben ergeben, dass die Kapelle sich Pentangle nennt, ohne „The“. Und wie eine „The“-Band hören sich Pentangle auch wirklich nicht an.

    Kann man hören, muss man aber nicht. Der Song „Light Flight“ ist ganz nett; der Gesang klingt aber etwas minnefräuleinhaft.

  4. Lieber Roger Weil, Beleidigungen – „unzulässige“ erst recht – sind in Deutschland auf Antrag strafrechtlich verfolgbar. Ich rege daher an, Herrn Forster in Brisbane von meiner mutmaßlichen Freveltat in Kenntnis zu setzen, auf dass er einer deutschen Staatsanwaltschaft einen Strafantrag zusenden möge. Meines Wissens ist vor einem deutschen Strafgericht noch nie wegen der Bezichtigung „rhythmischer Deutschtümelei“ verhandelt worden, sei der Antragsteller nun ein „sympathischer Künstler“ oder beispielsweise Campino. Es käme daher ein interessanter Präzedenzfall auf das deutsche Justizwesen zu, womöglich vom SPIEGEL durch Gisela Friedrichsen medial begleitet. Ihr, Roger Weil, habt es in der Hand. Ich stelle mich!

    Im Ernst: Niemand sollte beleidigt werden (und der gerade genannte Niemand ist nicht derjenige, der nicht die Absicht hatte, eine Mauer zu errichten). Vielleicht hätte ich mich mit der Umkehrung „deutschtümelnde Rhythmik“ besser verständlich gemacht: wie andernorts bereits mündlich erklärt, zielt meine Bemerkung auf das marschmusikmäßige der von Euch bevorzugten Musikrichtung, der Ihr in der pubertären Prägephase etwa 1976/78 leider von Punk und später von New Wave und Indie inspiriert oder auch damit infiziert worden seid. Und dies bedeutet mental-musikalischen Einklang mit den Pfaffen und den Popen, die mögen meist auch keine Synkopen. Es groovt halt nicht so wie am Mississippi-Delta, auch wenn Herr Forster die „Rock’n´Roll-Friends“ besingt. Vier oder fünf Videos auf Youtube habe ich mir angesehen, unter anderem R.F. in Regensburg am 11.12.09, natürlich in der Buchhandlung Dombrowsky. Insofern war ich nicht direkt „dabei“ (Peter Scholl-Latour vermutlich auch nicht), kann mir aber vielleicht ein vorläufiges Vor-Urteil erlauben und stelle ohne weitere Wertung den gerade bezeichneten Song von R.F. zum Vergleich einmal dem Lied „Oxford City“ von Pentangle (CD „One More Road“, auf YouTube) zur Seite. Dann möge sich jede/r selber eine Meinung bilden.

    Selbstredend spielen noch andere Kriterien für den künstlerischen Gesamteindruck eine Rolle: die Texte zum Beispiel, auf die ich selten achte, andere Hörer aber vielleicht als sehr wichtig einstufen, so daß sich allein dadurch schon eine andere Rangordnung ergeben kann.

    Entscheidend wird letztlich die Frage sein, ob Künstler oder Kreative es vermögen, im Kreise ihrer Gemeinde eine Art Erweckungserlebnis hervorzurufen, ein pfingstlich-heimeliges „Wir sind Ohrenzeugen eines einmaligen unwiederholbaren Vorgangs“-Gefühl, welches geeignet ist, die Zuhörerschaft mental-emotional zu dekonditionieren, sie aus ihrem drögen Alltags-Bewußtsein herauszureißen und diesen veränderten Zustand in der Erinnerung möglichst lange wach zu halten: „Magische Momente“ von mir aus. Wo und wann immer dies gelingt, ist ein solcher Vorgang zu begrüßen.

    In der Hoffnung, mit den letzten beiden Absätzen noch die Kurve zur Verbreitung vorweihnachtlich-milder Stimmung gekriegt zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

    Euer C.D.Wälzholz jun.

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