„Schiri, wir wissen, wo dein Auto steht!“

Die ruhrbarone: völlig verqualmt

Die Debatte um den Nichtraucherschutz in der Gastronomie wird zurzeit in Nordrhein-Westfalen besonders heftig geführt. Anlass dafür ist, dass die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf alle Ausnahmeregelungen für die Gastronomie aus dem bisherigen etwas laschen lauen Nichtraucherschutzgesetz in NRW tilgen möchte.

Rauchverbot

(Bildrechte: © Viktor Schwabenland / pixelio.de)

Freunde des Nikotinqualms wettern in den diversen Online-Foren, was das Zeug hält, gegen das geplante Rauchverbot in den Gaststätten. Sie sehen die Freiheit untergehen, weil an der Theke und am Stammtisch nicht mehr gepafft werden darf, denn es müsse doch möglich sein, dass jeder Gastronom selbst entscheide, ob in seinem Laden geraucht werden darf oder nicht, und der mündige Kneipengänger könne dann entscheiden, ob er ein Raucherlokal oder ein Nichtraucherlokal aufsuche.

Leider übersieht diese Argumentation die Realität in NRW, denn dort gibt es mitnichten eine freie Wahl zwischen Raucher- und Nichtraucherkneipen. Während sich die reinen Restaurants weitgehend an das nordrhein-westfälische Nichtraucherschutzgesetz halten, tricksen die Kneipenwirte rum, erklären sich, obwohl sie Essen anbieten, zur speisenfreien Einraumkneipe (in der gemäß einer Ausnahmeregel im Gesetz geraucht werden darf), richten im Hinterzimmer einen Alibi-Nichtraucherraum ein, der meistens wegen dort tagender geschlossener Gesellschaften nicht nutzbar ist, oder deklarieren ihre ganze Kneipe einfach zur geschlossenen Gesellschaft. Dem Autor dieses Artikels ist an seinem Wohnort Essen keine einzige Bierkneipe bekannt, die den gesetzlich geforderten Nichtraucherschutz umsetzt – Nennungen solcher Kneipen nimmt er gerne entgegen, um dort Kunde zu werden. Dass die rot-grüne NRW-Landesregierung jetzt alle Ausnahmeregeln vom Nichtraucherschutz abschaffen will, haben sich die tricksenden Gastwirte dummerweise selbst eingebrockt.

Aber was besonders ärgerlich ist, dass die geschätzten und ansonsten so klugen Blog-Kollegen ruhrbarone in den Freier-Qualm-für-freie-Bürger-Chor in einer besonders aggressiven Art einstimmen. Der ruhrbaron Stefan Laurin spricht von einer „Politik der Volkserziehung“ und assoziiert damit den nordrhein-westfälischen Nichtraucherschutz mit Methoden national-sozialistischer Massenbeeinflussung. Wie albern ist das denn?

Und dann wollen der rauchende Ruhrschlot Laurin und seine Mitstreiter auch noch einen Pranger für die Landtagsabgordneten einrichten, die es wagen, dem neuen Nichtraucherschutzgesetz zuzustimmen:

„Wir werden bei vielen (…) Kneipen und Clubs von ihrem Ende berichten, wenn es in einem Zusammenhang mit dem Rauchverbot steht. Und wir werden mit einem Hinweis auf die Internet- und Facebookseite  zeigen, welche Abgeordneten aus der jeweiligen Stadt für das Verbot gestimmt haben – unabhängig von der Partei. Und bei jeder Kneipe wieder. So haben die Anhänger des Rauchverbotes die Möglichkeit, den  Politikern aus ihrer Stadt ihre Unterstützung auszusprechen, die Kritiker wissen, wem sie es zu verdanken haben, dass ihre Lieblingskneipe geschlossen hat.“ (http://www.ruhrbarone.de/nrw-fuer-transparenz-beim-rauchverbot/)

Vielleicht solltet ihr verqualmten ruhrbarone auch noch die Wohnadressen und die PKW-Stellplätze der kneipenkillenden Politiker bekanntmachen, damit die wütenden Raucher auch wissen, wohin sie Feuer geben müssen.

ruhrbarone, es reicht! Haltet ein! Ihr vergiftet nicht nur die Kneipen-lüfte, sondern auch die politische Diskussion. Das Ganze ist unter eurem Niveau.


Kommentare

„Schiri, wir wissen, wo dein Auto steht!“ — 4 Kommentare

  1. Durch die Verlinkung dieses Artikels mit dem betreffenden ruhrbarone-Artikel wurden die ruhrbarone angepingt und haben die Möglichkeit ihrerseits einen Trackback zu Mein Freund, der Baum zu setzen, so wie es in der Blogosphäre üblich ist. Die ruhrbarone haben darauf verzichtet. Die Gründe dafür können nur vermutet werden. Entweder verlinken die ruhrbarone nicht zu kritischen Artikeln oder nicht zu einem aus ihrer Sicht zu niederwertigen Blog wie Mein Freund, der Baum. Das ist bedauerlich, aber auch nicht weiter schlimm.

  2. Angesichts soviel Rauches scheint eine begriffliche Durchlüftung zum Wort „Volkserziehung“ erforderlich: Im Gothaer Programm von 1875 fordert die Sozialistische Arbeiter Partei Deutschlands (SAP) als „Grundlagen des Staates“ unter Punkt 6: „Allgemeine und gleiche Volkserziehung durch den Staat“ (diese Ziel-Formulierung wurde bekanntlich durch Karl Marx in seiner „Kritik des Gothaer Programms“ beanstandet). Ist der Blog-Autor etwa FDP- oder CDU-Mitglied und möchte auf diese verkappte Weise eine Vorläufer-Organisation der SPD in begriffliche Nähe zu den Nazis rücken??

    Nebenbei bemerkt war eine Namensbase und/oder Nachläuferin der SAP in den Jahren 1931 bis 1945 als linke SPD-Abspaltung im antifaschistischen Widerstand aktiv. Somit erscheint die Schlußfolgerung, den ruhrbaronen wegen der Verwendung des Begriffes „Volkserziehung“ eine wie auch immer geartete Affinität mit Nazi-Gedankengut zu unterstellen, nicht besonders hilfreich zu sein.

    Wäre es nun nicht bedauerlich (wenn auch nicht weiter schlimm), wenn der Blog-Autor seinerseits durch Pings oder Links oder Ähnlichem die ruhrbarone von diesem kritischen Kommentar zu dem von ihnen unterschlagenen Blog in Kenntnis setzt?

    Davon abgesehen ist es aber aus Sicht der Nichtraucher zu begrüßen, daß innerhalb der SPD-Führung über die Jahrzehnte anscheinend ein Wertewandel stattgefunden hat: Von Willy Brandt – von Helmut Schmidt ganz zu schweigen – hätte man wohl schwerlich den Satz zu hören bekommen: Die Decke über den Tresen in den Eckkneipen an der Ruhr muß wieder blau werden!

  3. Liebe ida, das ist wohl richtig, dass die „Volkserziehung“ nicht von den Nazis erfunden wurde. Es ist aber so, dass der Begriff „Volkserziehung“ (ähnlich wie die Begriffe „Propaganda“ und „Gleichschaltung“) durch den penetranten Gebrauch im „Dritten Reich“ einen braunen Geschmack angenommen hat, was sicherlich auch den ruhrbaronen bewusst ist, wenn sie jede Abbildung der NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens in ihrem Blog mit dem Wort „Volkserzieherin“ untertiteln; die ruhrbarone wollen damit bestimmt nicht die Grünen-Politikerin in einen Zusammenhang mit der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts bringen.

    Und natürlich wird die Sozialdemokratie von mir überhaupt nicht in Nazi-Nähe gerückt, denn nicht die Sozis haben einen Nazi-Begriff verwendet, sondern umgekehrt (so wie ja auch bedauerlicherweise mit dem Begriff „Sozialismus“ geschehen).

    Und auch den ruhrbaronen habe ich keine „wie auch immer geartete Affinität mit Nazi-Gedankengut“ unterstellt, wie du Öl ins Feuer gießend behauptest. Die ruhrbarone gebrauchen den Begriff „Volkserziehung“ nun wirklich nicht zustimmend, sondern bringen den von ihnen abgelehnten Nichtraucherschutz mit dem Konzept der „Volkserziehung“ in Zusammenhang.

    Und was die Farbe der Kneipendecken an der Ruhr anbelangt, da haben die starken Raucher Brandt und Schmidt doch gerade jede Menge blauen Dunst in die Atmosphäre geblasen – einen Dunst also genauso blau wie der Himmel über der Ruhr und wie möglicherweise ihr persönlicher Zustand, wenn sie zu lange am Tresen gesessen haben.

  4. @ida:
    Du erwähnst in deinem Kommentar die SAP der 1930er Jahre und weiter unten Willy Brandt. Da ist es doch mal angebracht, darauf hinzuweisen, dass Willy Brandt genau bei jener SAP Mitglied war. So schließt sich der Kreis.

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