Moment mal, Ines Pohl!

Moment mal, Ines Pohl, als Chefredakteurin der taz müssten Sie sich mit Interviewtechniken auskennen. Was würden Sie davon halten, wenn wir ein Interview mit Ihnen machen würden und Ihnen dabei folgende Fragen stellen würden:

Frau Pohl, wir möchten mit Ihnen über Hass sprechen.

Ihre Redaktion will auch lieber, dass wir das Thema “Liebe” nennen.

Frau Pohl, welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht, dass andere Probleme mit Ihrem Lesben-Look haben?

Sie bekommen immer wieder Hassmails. Weil Sie Chefredakteurin der taz sind? Oder weil man Ihnen Ihre Homosexualität ansieht?

Warum werden Sie gehasst?

In Baden-Württemberg, wo Sie herkommen, wurden Sie häufig als “das Mannweib” bezeichnet. Ist das aus Ihrer Sicht Ausdruck von Hass oder Ressentiment?

An Verkaufsständen scheint das eine andere Rolle zu spielen. Dort bekommen taz-Verkäufer zu hören: “Ich würde eure Zeitung kaufen, wenn Ihr nicht dieses Lesbenweib an eurer Spitze hättet.”

Traditionell wichtigstes taz-Thema ist der Feminismus. Dafür wird die Zeitung gekauft, aber auch gehasst. Können Sie das nachvollziehen?

Die taz als linkes Gewissen, das Wahlkampf für die Grünen macht?

Warum glauben Sie Katrin Göring-Eckhardt die Beteuerung, sich weiter für die taz einsetzen zu wollen?

Wie gut verstehen Sie sich mit Katrin Göring-Eckardt?

Mit einer Pressesprecherin Ines Pohl?

Sondern?

Frau Pohl, zurück zu Ihnen. Wann haben Sie bewusst wahrgenommen, dass Sie anders sind als die meisten Mädchen?

Sind Sie als Heranwachsende deswegen diskriminiert worden?

Würden Sie sich selbst als Lesbe bezeichnen?

Sie waren mit 33 Jahren zum ersten Mal auf der Insel Lesbos, auf Initiative Ihrer Frau. Warum interessiert Sie persönlich dieses Eiland nicht?

Sie haben einen Artikel, in der es um die sexuelle Orientierung von Peter Altmaier ging, persönlich von der taz-Website entfernen lassen. Warum haben Sie das getan?

Als professionelle Journalistin dürfte Ihnen klar gewesen sein, dass eine solche Aktion von einer lesbischen Chefredakteurin in der Öffentlichkeit nicht gut ankommt?

Mitarbeiter Ihrer Redaktion haben dieses mehrfach kritisiert und gesagt: “Glaubwürdigkeit gewinnt man dadurch nicht.” Warum sagt man in Ihrer Redaktion so etwas?

Warum gehen Sie mit Lesben-Witzen in anderen Zeitungen nicht entspannt um?

Dass Sie das eine – zumindest öffentlich – ganz entspannt sehen und das andere als latente Homophobie kritisieren, lässt sich schwer nachvollziehen.

Was meinen Sie, brauchen wir in Deutschland eine breitere Debatte über Homophobie?

So ein Interview würde Ihnen nicht gefallen, Ines Pohl. Die Reduzierung Ihrer Persönlichkeit auf Ihr Lesbischsein empfänden Sie wahrscheinlich als eine Beleidigung. Sie würden die Fixierung des Fragestellers auf Ihre persönliche Homosexualität als Ausdruck einer latenten Homophobie anprangern.

Dabei wurde so ein ähnliches Interview von Ihrer Zeitung mit dem FDP-Politiker Philipp Rösler geführt. (siehe: Philipp Rösler über Hass [taz, 10.09.2013]) Natürlich nicht zu seiner Homosexualität, denn homosexuell ist Philipp Rösler, soweit man weiß, nicht, sondern Ihre beiden Mitarbeiterinnen befragten den Wirtschaftminister zu seinem „asiatischen Aussehen“. Der FDP-Politiker untersagte Ihnen zwar, seine Antworten zu veröffentlichen, aber die Fragen ihrer beiden Mitarbeiterinnen fanden Sie so gut, dass Sie diese über eine komplette Seite in Ihrem Blättchen veröffentlichten. Den Vorwurf, dass das Interview von rassistischen Ressentiments geleitet sei, den weisen Sie energisch und empört zurück. Natürlich. (siehe: Ines Pohl: Ein Interview, das im Wahlkampf schädlich zu sein scheint [taz Hausblog, 10.09.2013])

Wenn Sie den Rösler traktieren möchten, ein durchaus sympathisches Anliegen, dann tun Sie das doch mal mit Fragen zu seiner merkwürdigen neoliberalen Ideologie, zu seiner asozialen Klientelpolitik im Gesundheitswesen und zu seiner politischen Kumpanei mit Steuerbetrügern. Das würde Ihnen als Chefredakteurin einer sich links begreifenden Zeitung gut anstehen. Aber „asiatisches Aussehen“, Frau Pohl – das geht gar nicht.

Siehe auch:
Antisemitismus in der taz


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